Von Rubiaes nach Tui (Spanien)

Fünfter Tag auf dem Weg – ca. 20 km von Rubiaes nach Tui und erste Schritte auf spanischem Boden.
 

Die glorreiche Idee draußen zu schlafen erwies sich für mich bereits nach ca. 2 h als miese Idee. Maria hatte es schon vor mir nach drinnen verschlagen, weil es unfassbar kalt wurde. Ich packte meine Sachen und gemeinsam mit Sven flüchteten wir ins Innere, wo er sein Lager im Aufenthaltsraum auf dem Boden aufschlug und ich es mir auf einer Zweisitzer-Couch im Flur bequem machte.

Das machte das Schlafen aber nicht bequemer, die Couch war hart und viel zu kurz und die ganze Nacht versuchte ich eine bequeme Position zu finden. Wirklichen Schlaf fand ich hier nicht und es sollte eine unfassbar lange Nacht werden. Immer wenn ich mal für wenige Minuten weggenickt war und wieder aufgewachte lag noch jemand von unserer Freiluft-Gruppe auf dem Flur verteilt. Am Ende war über die Nacht jeder vor der Kälte geflüchtet.

Sonja, die im Schlafsaal geblieben war, hatte keine bessere Nacht. Im Schlafsaal wurde ständig rumort und sie fand keine 2 h Schlaf. Somit bereute ich zumindest nicht nach draußen gegangen zu sein.

Der Weg war auf den ersten Kilometern wieder anstrengend, die Müdigkeit drückte sich in meinem Kopf herum und meine Füße taten weh doch ich lief weiter und weiter und weiter.

Unterwegs trafen wir plötzlich auf eine Kuh mit beachtlichen Hörnern. Sie war von ihrer Weide ausgebrochen und stand mitten auf dem Weg. Die Jungs hatten Angst, doch als ich ohne Beirrung vorbeilief folgten sie mir auf dem Fusse. 

Nach 4 km kam der erste Stop, bei dem mir mein frisch gekauftes Frühstück vom Teller fiel. Doch ich nahm es mit Humor und kaufte mir ein neues Bodega. 

Ab dieser Etappe nahm ich immer mehr an Fahrt auf. Irgendwann lief ich wieder allein an der Spitze und stellte erneut fest, wie sehr es den Kopf freimachte- ausschließlich den Naturgeräuschen und meinen eigenen Schritte auf dem Weg zu lauschen.

Ich hegte seit Beginn des Camino durchgehend das Bedürfnis, Kilometer zu zählen. Einen Kilometer nach dem anderen ,ständig die Fragen im Kopf wie viele Kilometer liegen noch vor uns, wie viele Kilometer liegen hinter uns. Doch je mehr Kilometer wir liefen umso weniger stark war der Zählzwang, der Drang war noch präsent aber nicht mehr im Vordergrund meines Denkens.

Mein „8er-Mantra“ und der Blick auf den Weg zogen mich stetig voran. Das Gewicht meines Rucksacks auf dem Rücken war überraschenderweise noch nicht zu schwer geworden, sondern angenehm zu tragen.

Irgendwann pausierte ich, um auf Sven zu warten, der mit kurzem Abstand hinter mir lief. Gemeinsam liefen wir bis zu einem Restaurant in Valenca, in dem wir ein Sandwich aßen und auf den Rest der Gruppe warteten. Anschließend durchliefen wir den Rest von Valenca um auf die Brücke nach Spanien zu gelangen.

Auch hier waren Sven, ich und Chris an der Spitze und gemeinsam überquerten wir stolz die Brücke nach Spanien, um auf der anderen Seite in der gegenüberliegenden Bar der Brücke das erste Estrella Galicia zu trinken und wieder auf den Anschluss der anderen zu warten.

Sonja hielt sich mit ihrem schmerzenden Knie tapfer, aber so langsam war sie am Ende ihrer Kräfte angelangt. Bereits im Restaurant in Valenca hatten wir ihr Ihr Gepäck “abgezwungen”. Wir redeten so lange auf sie ein, bis sie sich für die letzten Kilometer zur Herberge ein Taxi nahm. Der Rest von uns machte sich zu Fuss an den Aufstieg in das Zentrum der Stadt Tui.

Tui ist eine wunderschöne Stadt. Aus massiven Steinen gebaut und auf einem Berg gelegen. Man fühlt sich wie in die Vergangenheit versetzt und es macht Spaß durch die alten Mauern der Stadt zu laufen. Die Herberge war ebenso imposant aus Stein gebaut wie der Rest der Stadt. Man hatte einen grandiosen Ausblick und das Highlight war ein Steinbecken im Hof, in das wir Wasser ein- und die Füße darin baumeln ließen.

In Tui konnten wir noch etwas bummeln und essen gehen. Auf einem großen Platz gönnten wir uns kaltes Bier und Cocktails, hier erweiterte sich unsere Pilgerer-Gruppe außerdem um eine Person. Ein Kumpel von Jan, einer der Pilgerer die wir auf dem Weg kennen gelernt hatten, würde ab Tui den Rest des Weges mit uns bestreiten. Und so gesellte sich Felix irgendwann zu unserer kleinen Pilgerer-Gemeinschaft hinzu und den Rest des Abends verbrachten wir in guter Gesellschaft und bei bester Laune.

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