Sechster Tag auf dem Weg – ca. 21 km von Tui nach Mos.
 

Ich war gestern Abend recht früh ins Bett gegangen, es muss kurz vor 10 gewesen sein. Die Nacht zuvor war mir an die Substanz gegangen und ich wollte mich etwas kurieren. Nachdem ich mich hingelegt hatte war ich auch recht schnell eingeschlafen und obwohl ich ein paar Mal aufwachte und meine Musik jedes mal wieder anschaltete, schlief ich recht tief. 

Denn laut Erzählungen am nächsten Tag, hatte ich durch meine Musik auf den Kopfhörern einige nächtliche Eskapaden verpasst. Ein Mädel floh mitsamt Matratze aus dem Zimmer, zwei versuchten wie verrückt Sven zu wecken weil er so laut schnarchte doch da das erfolglos blieb, drehten sie ihn auf die Seite (ein Tipp von Sonja) und ein Mann war splitternackt aus dem Bett in das darunter liegende Bett gefallen, direkt auf ein junges Mädel das wohl lauthals erschrak.

Doch dafür war ich morgens verhältnismäßig fit als der Wetter noch in der Dunkelheit klingelte. Sonja blieb auf Grund ihres Knies erst einmal zurück und der Rest von uns lief im Dunkeln los. Recht schnell merkte ich meine Beine und Füße wieder, besonders  auf der linken Seite. Doch ich hielt mich die ersten 7 km wacker und nahm mir für den nächsten morgen vor, mich ausgiebig vor Tagesbeginn zu dehnen. Nach der Kaffee-Pause (für mich Cola und Espresso, mein regelmäßiges Pilgerfrühstück :D) bei Kilometer 7 wurden die Schmerzen erträglicher und irgendwann hatte ich mich wieder eingelaufen.

Der Weg führte uns heute einige Kilometer durch ein Industriegebiet, eine quälend lange Straße die immer nur stur gerade aus an hässlichen Fabrikgebäuden und Parkplätzen vorbeiführte und auf der LKW’s munter an uns vorbei rauschten. Der Weg zog sich, doch irgendwann ging auch das vorbei und wir kamen in einen Ort namens O Porriño.

Mittlerweile hatten Sven und ich die anderen beiden abgehängt und suchten uns den Weg durch die verwinkelten Straßen, es war ein bisschen wie eine Schnitzeljagd, die gelben Camino-Pfeile zu suchen.

Am Ortsausgang trafen wir auf Jan und Felix bei einer Pause, mit denen wir weiter liefen. Plötzlich hatte auch René uns schwungvollen Schrittes aufgeholt und es begann eine letzte Strecke Richtung Mos, die sich für mich unglaublich zog und viel wieder  ein ganzes Stück bergauf ging. Es schien der bisher heißeste Tag auf dem Weg zu sein, die Luft war stickig und drückend, es schien kein Wind zu gehen und die Hitze erschwerte das Laufen.

Am Morgen freute ich mich noch über einen traumhaften Sonnenaufgang, der unseren Weg begleitete, doch am Mittag verfluchte ich die brütende Hitze.

Immer wenn wir um eine Ecke bogen hoffte ich auf das Ziel, doch jedes Mal ging es doch noch ein Stück weiter nach oben.

Schweißgebadet und mit unglaublich schmerzenden Füßen kamen wir an der Herberge an. Wir waren nun über 15 km und ca. 3 Stunden ohne Pause gelaufen. Ich wollte nur noch aus den Schuhen raus und unter eine heiss/kalte Wechsel-Dusche.

Es war noch keiner in der Herberge doch die Türen standen offen und wir suchten uns in dem großen Raum unsere Betten aus. Als einzige Frau schnappte ich mir direkt meine Sachen um unter die Dusche zu hüpfen. Kurz bevor ich fertig war, riefen mir die Jungs zu, dass wir umziehen würden und ich ein Stockwerk höher kommen soll wenn ich fertig bin. Als ich oben ankam gab es eine gute Nachricht. Das zweite Stockwerk war eine ausgebaute Wohnung und die Jungs hatten für Sonja und mich das einzige Zweier-Zimmer reserviert und selbst 5 Betten in einem Achter-Zimmer bezogen.

Sonja traf einige Zeit später ein, sie musste die letzten km von O Porriño laufen, da der Bus nicht nach Mos fuhr, doch trotz ihres schmerzenden Knies kämpfte sie sich tapfer nach oben.

Der Tag hatte mittlerweile Temperaturen von über 33 Grad erreicht und ich nickte auf einer Steinbank vor der Herberge kurzzeitig ein. Doch es herrschte ein reges Kommen und die Hitze machte ein angenehmes Ruhen unmöglich. Die Herberge war mittlerweile bis oben hin mit Pilgerern gefüllt und immer noch kamen weitere um festzustellen, dass kein Schlafplatz mehr zu ergattern war.

Nachdem alle geduscht waren ging es in die Bar gegenüber, in der jeder von uns sich genüsslich über eine Pizza her machte und wir uns mit kaltem Bier versuchten abzukühlen. Die Schmerzen in meinen Füßen waren mittlerweile ein stetiger Begleiter geworden und einmal mehr verfluchte ich es, dass ich im Alltag so ein Sportmuffel bin.

Nach dem Essen gingen wir wieder zur Herberge, fanden jedoch keine richtige Beschäftigung. Mit einem bisschen hin und her entschieden wir uns zurück zur Bar zu gehen, weil dort die Temperatur mäßig erträglicher war. Während die anderen im Außenbereich unter Schirmen versuchten der Sonne zu entgegen flohen Sven und ich nach  drinnen. Wir fanden ein freies Plätzchen an einem Fenster und statt auf den Stühlen am Tisch setzten wir uns auf die Fensterbank an der kühlen Steinwand. Hier ging ein angenehm kühles Lüftchen und während wir ein Radler nach dem anderen tranken versuchten wir uns ein bisschen die Zeit zu vertrödeln. 

Der Tag zog sich in die Länge, aus Mittag wurde Nachmittag und aus Nachmittag wurde Abend. Sven und ich genossen die Ruhe zu zweit und entschieden uns noch ein paar Tapas in einer kleinen Bar zu essen, die mit Pflanzen verhangen war und so vor der Sonne schützen. Doch unsere einsame Ruhe wurde jäh durchbrochen, als uns zwei der Mädels die wir auf dem Weg kennengelernt hatten, aus dem Fenster der Herberge zuriefen wir sollten einen weiteren Tisch ran rücken, sie kämen gleich runter. So wurde aus unserem Essen zu zweit wieder ein Gruppentreffen. 

Heute nehme ich es mit Humor, an diesem Abend war mir das jedoch alles zu viel. Wenn man ständig mit Menschen umgeben ist fehlt einem doch das alleine sein abseits des Weges. Es war dennoch ein erträglicher Abend der gegen 22 Uhr endete.

Sonja und ich zogen uns in unser Stockbett in unserem Zweier-Zimmer zurück. Im Bett stellte ich fest, dass mein linker Fuß an der Innenseite etwas angeschwollen war und schmerzte. Sobald man im Bett liegt und die Beschäftigungen des Tages einen nicht mehr ablenken merkt man erst wie sehr die Füße brennen, obwohl sie im Liegen nicht belastet werden. Trotz meiner Musik lenkte es mich vom Schlafen ab und ich brauchte etwas länger bis ich endlich in einen unruhigen Schlaf dämmerte.

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